Berlin, 29. Januar 2018 (Caritas) „Ein starkes Land wie Deutschland hat eine humanitäre Verantwortung gegenüber schutzbedürftigen Flüchtlingen“, appelliert Caritas-Präsident Peter Neher an Union und SPD anlässlich der heute im Bundestag stattfindenden Anhörung zum Familiennachzug. Humanitär und integrationspolitisch fatal sei die geplante Begrenzung des Familiennachzugs für subsidiär geschützte Menschen. Viele von ihnen warteten mittlerweile seit über zwei Jahren darauf, ihre Ehefrauen, Ehemänner und ihre Kinder wiederzusehen. „Die Menschen haben sich auf das Ende der zweijährigen Aussetzung des Familiennachzugs verlassen. Jetzt sollen sie noch länger ausharren müssen oder ihre Familienangehörigen gar nicht nachholen können. Neben hohen psychischen Belastungen für die Betroffenen wirft dieses Vorgehen auch erhebliche verfassungsrechtliche Fragen auf“, macht Neher deutlich. Eine Neuregelung, die den Familiennachzug auf 1.000 nachziehende Angehörige pro Monat begrenzt, soll den regulären Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz ablösen. „Nach welchen Kriterien soll hier eine Auswahl getroffen werden bei Menschen, die durch das Grundgesetz und das Völkerrecht geschützt sind? Ich hoffe nach wie vor auf die Vernunft der Politik, den Familiennachzug für alle subsidiär Geschützten wieder einzuführen“, fordert Neher. Betroffen seien vor allem Menschen aus Syrien. Da sich die politische Situation in diesem Land auf absehbare Zeit nicht ändern wird, gibt es keine Perspektive für die Betroffenen auf eine rasche Rückkehr. Dass monatlich lediglich 1.000 Angehörige von in Deutschland lebenden Flüchtlingen nachziehen dürften sei mit der Integrationsfähigkeit Deutschlands nicht zu begründen. „Diese Grenze ist willkürlich festgesetzt, viel zu niedrig und trennt Familien, die eigentlich nach Artikel 6 des Grundgesetzes und Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützt werden sollen. Ein Land wie Deutschland kann die Aufnahme und Integration schutzsuchender Menschen in einer wesentlich höheren Größenordnung gut meistern“, so Neher. Angesichts der jetzt anstehenden Koalitionsverhandlungen dürfe es hier keine taktischen Manöver geben, sondern eine Flüchtlings- und Integrationspolitik der „offenen Hände“, die Humanität und Menschenrechte im Blick behalte. „Wir müssen den Menschen, die ein Bleiberecht in unserem Land haben, dabei helfen, hier eine neue Heimat zu finden, wenn sie nicht auf absehbare Zeit in ihre angestammte Heimat zurückkehren können“, so Neher. Dazu gehöre, Familien wieder zusammen zu bringen. |
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Archiv für Januar 2018
S.E.N.S.S.-Preis für faires Miteinander ausgelobt
Essen (idr). „Seid euch nicht so sicher“: Unter diesem Motto steht der S.E.N.S.S.-Award, der an Initiativen, Vereine, Firmen und Einzelpersonen verliehen wird, die sich für einen fairen Umgang miteinander einsetzen. Der Essener Kreativunternehmer Reinhard Wiesemann ist Stifter des Preises und will damit ein Zeichen gegen Hate Speech und Beschimpfungen in sozialen Netzwerken setzen. Es werden drei Awards verliehen, die insgesamt mit 20.000 Euro dotiert sind. Noch bis Ende Januar können Vorschläge für die Nominiertenliste auf der Website des Awards abgegeben werden. Die Preise werden dann im April in der Kreuzeskirche Essen verliehen.
Infos unter www.streitkultur-award.de
Jedes dritte Kind in Tagesbetreuung im Ruhrgebiet hat einen Migrationshintergrund
Düsseldorf/Metropole Ruhr (idr). 150.048 Jungen und Mädchen unter sechs Jahren besuchten im März 2017 ein Angebot der Kindertagesbetreuung in der Metropole Ruhr. Rund ein Drittel der Kinder hatte mindestens einen ausländischen Elternteil. Bei knapp 29 Prozent wurde in der Familie überwiegend nicht Deutsch gesprochen. Das haben die Statistik-Experten des Regionalverbandes Ruhr (RVR) auf Grundlage der Zahlen des Statistischen Landesamtes IT.NRW errechnet.
Die Zahl der unter Sechsjährigen mit Migrationshintergrund in Kindertagesbetreuung hat im Ruhrgebiet seit 2013 um 10,8 Prozent zugenommen, die Zahl der Kinder aus Familien, in denen nicht vorrangig Deutsch gesprochen wird, um 21,8 Prozent. Den höchsten Anteil von Kindern, die in ihren Familien hauptsächlich eine andere Sprache sprechen, war in Gelsenkirchen (41,5 Prozent) und Duisburg (40,3 Prozent) am höchsten, in den Kreisen Wesel (18,6 Prozent) und Ennepe-Ruhr (19,2 Prozent) am niedrigsten.
Studie: Sichtbarer Migrationshintergrund führt zu Diskriminierung
Je nichtdeutscher Menschen in Deutschland aussehen, desto häufiger werden sie einer aktuellen Untersuchung zufolge benachteiligt. Das gilt insbesondere für Türken und Muslime. Die Wissenschaftler warnen vor negativen Folgen.
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GROSSE KOALITION
„Spitzen von Union und SPD haben sich auf eine sogenannte Obergrenze, Begrenzung des Familiennachzugs bei Flüchtlingen und auf ein Gesetz zur Steuerung der Fachkräfteeinwanderung geeinigt. Zuvor muss aber der SPD-Parteitag zustimmen. Türkische Gemeinde kritisiert Sondierungspapier scharf.“
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Einigung bei Obergrenze, Familiennachzug bei Flüchtlingen und Fachkräfteeinwanderung
Benefizkonzert für die Flüchtlingshilfe Waltrop
Am Freitag, dem 19. Januar steht ab 19:30 Uhr wieder die Musik im Mittelpunkt der Kapelle:
Das Benefizkonzert zugungsten der Flüchtlingshilfe Waltrop findet in Kooperation mit der Musikschule Waltrop und unter der Schirmherrschaft von Bürgermeisterin Nicole Moenikes statt. Die künstlerischen Darbietungen werden durch Schülerinnen und Schüler der Musikschule Waltrop gestaltet, darüber hinaus nehmen die Band Walthorpe Sounds und die Tanzgruppe Salam die Besucher mit auf eine weltmusikalische Reise.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch und bitten um eine Spende für die Flüchtlingshilfe Waltrop (Eintritt frei).
Hochstr. 20
45731 Waltrop
PRO ASYL zu den bisher bekannt gewordenen Ergebnissen der Sondierungsgespräche
PRO ASYL: Sieg der Hardliner über Humanität und Menschenrechte
PRO ASYL bewertet das bisher bekannt gewordene Ergebnis der Sondierungen als einen Sieg der Hardliner über Humanität und Menschenrechte. Die sich anbahnende Große Koalition geht zulasten von Asylsuchenden und Flüchtlingen.
Die dauerhafte Isolierung aller Schutzsuchenden in Entscheidungszentren ist für faire Asylverfahren katastrophal. PRO ASYL befürchtet, dass damit ein faires Asylverfahren in der Praxis verhindert wird. Zu solcher Fairness würde es gehören, dass Fluchtgründe geprüft werden und behördliche Fehlentscheidungen durch den Rechtsweg korrigiert werden können. Isoliert, ohne effektiven Zugang zu Beratungsstrukturen, Anwältinnen und Anwälten droht die Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes de facto ausgehebelt zu werden. Schutzsuchende werden sowohl im Asylverfahren als auch bei drohender Abschiebung ohne Hilfestellung dastehen. Eine Begleitung bei Anhörungen kann kaum stattfinden, der Zugang zu Rechtsbeistand wird erheblich erschwert. Aktuell haben rund die Hälfte der Klagen gegen abgelehnte Asylanträge Erfolg, bei Flüchtlingen aus Afghanistan sind es sogar 60%.
Zum Familiennachzug zu subsidiär Geschützten
Das Grundrecht, als Familie zusammenzuleben darf nicht kontingentiert werden. Auch wer als Opfer vor Krieg und Folter flieht und subsidiären Schutz erhält, kann beim Familiennachzug nicht mit dem Hinweis auf die bereits erreichte Obergrenze abgespeist werden. Dem steht auch die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) entgegen.
Der Begriff der »Härtefallregelung« wurde in dem Sondierungspapier aus strategischen Gründen vermieden. Schaut man auf die Kriterien für einen Familiennachzug, so stellt man fest, dass es gegenüber den bisher geltenden Härtefalldefinition Verschärfungen gibt. Der Familiennachzug zu subsidiär Geschützten soll nur dann gewährt werden, wenn »eine Ausreise kurzfristig nicht zu erwarten ist«. Damit ist diese Kategorie ebenso offen für politische Manipulationen wie die rechtlich nicht gestützte Unterscheidung zwischen Menschen mit »guter« und »schlechter Bleibeperspektive«, der in den letzten Jahren Karriere gemacht hat. Die Regelungen zum Familiennachzug stellen einen Vertrauensbruch gegenüber den betroffenen Flüchtlingen dar.
Den subsidiär Schutzberechtigten und ihren Angehörigen wurde durch § 104 Abs.13 S. 1AufenthG und die konkrete Frist des S.2 versprochen, dass ab 17. März 2018 die in diesen Jahren als schutzberechtigt Anerkannten (das ist die logische Konsequenz einer Aussetzung) ein Recht auf Familiennachzug haben. Sie haben darauf vertraut und z.B. auf eine »Aufstockungsklage« verzichtet (Versuch, auf vollen Flüchtlingsschutz zu klagen) und sonstige Dispositionen getroffen z.B. Verkauf von Haus und Grund, berufliche Orientierung, Lebensplanung, Verzicht auf Weiterwanderungsversuche etc.
Eine Verlängerung der Aussetzung ist verfassungswidrig und rechtspolitisch unerträglich – man muss sich auf das Auslaufen eines Gesetzes verlassen dürfen.
Zu befürchten ist, dass Behörden sich in Sachen Familiennachzug häufig darauf berufen werden, dass eine Ausreise kurzfristig zu erwarten sei und damit versuchen, den Anspruch auf Familiennachzug ins Leere laufen zu lassen. Deshalb muss die gesetzliche Trennung der Familien zum 16. März 2018 auslaufen. Alles andere ist ein Vertrauensbruch.
Der Familiennachzug zu unbegleiteten Minderjährigen mit subsidiärem Schutzstatus wird generell verhindert – ohne jede Härtefallregelung und Ausnahme. Die zynische Begründung: So werde verhindert, dass Minderjährige von ihren Eltern unter Gefährdung des Kindeswohls auf die gefährliche »Reise« vorgeschickt würden (Z. 901). Das dahinterstehende Bild ist unsäglich und als Ergebnis einer hochrangigen Verhandlungsdelegation zynisch und beschämend.
PRO ASYL kritisiert die Aussetzung der Aufnahme aus Griechenland und Italien. Für mehr als 4.000 Familiennachzugsangehörige, die bereits einen Rechtsanspruch auf die Familienzusammenführung in Deutschland haben, scheint sich nichts zu ändern.
Integration in Deutschland
An mehreren Stellen liefern die sondierenden Parteien Bekenntnisse zur gelingenden Integration ab (z.B. Z. 927). Gleichzeitig wird festgelegt: »Eine Verfestigung von Aufenthaltsrechten wollen wir dabei vermeiden«. Dies ein im Papier nicht aufgelöster Widerspruch und ein Bekenntnis, dass an dauerhaft prekären Aufenthaltsformen festgehalten werden soll. Menschen, die Flüchtlinge unterstützen, Arbeitgeber, die sie einstellen und ausbilden, erwarten zurecht, dass es eine Aufenthaltsperspektive für die Betroffenen gibt. Ohne eine klare Linie der Verfestigung des Aufenthaltsrechts wird Integration erschwert.
Sichere Herkunftsstaaten
Vereinbart wurde die Absicht, Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Angesichts von bereinigten Anerkennungsquoten bei diesen Staaten von mehr als fünf Prozent (die bereinigte Schutzquote für die Maghreb-Staaten betrug im zwischen Januar und November 2017 10,2 % für Marokko, 6,1 % für Tunesien und 5,2% für Algerien) würde eine der zentralen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen kaum erfüllbar sein (Verfolgungsfreiheit und keine strukturellen Menschenrechtsdefizite).
Darüber hinaus sollen sogar regelmäßig alle Staaten mit einer Quote unter 5 Prozent per Automatik zu sicheren Herkunftsstaaten bestimmt werden. Damit würde sich die kommende Bundesregierung ihrer Verpflichtung auf faire Prüfung entziehen.
Externer Link: Ergebnisse der Sondierungsgespräche von CDU, CSU und SPD