Liebe Freundinnen und Freunde,
heute möchte ich erklären, warum die in Waltrop unterzubringenden Geflüchteten nichts mit dem Auszug der Senior*innen aus dem AWO-Seniorenzentrum zu tun haben:
Es klingt mal wieder so einfach: Senioren raus, Flüchtlinge rein! Der Aufschrei ist laut, aber ebenso ungerechtfertigt.Da meine Großmutter ebenfalls Bewohnerin dieses Seniorenzentrums war, kenne ich die Hintergründe des Leerzugs sehr gut und möchte sie gerne hier erläutern:
Das AWO-Seniorenzentrum hat mehrere Teile: rechts die alte Berginspektion, mittig ein Neubau als Verbindungsstück und links den Altbau, der auch das AWO-Café beherbergt. Die alte Berginspektion ist schon länger nicht mehr für die Unterbringung der Senior*innen geeignet und soll durch einen Neubau ersetzt werden, um weiterhin wirtschaftlich arbeiten zu können, dabei soll die historische Fassade erhalten bleiben. Ebenso werden der Alt- und Neubau abgerissen und in das neue Gesamtkonzept integriert. Der komplette Prozess soll drei Jahre dauern und für diese Zeit ist das Seniorenzentrum nicht bewohnbar.
Den dort lebenden Senioren wurde ausreichend Zeit gegeben, um eine neue Unterkunft zu finden und die AWO hat sie dabei nach allen Kräften unterstützt, so dass das komplette Wohnheim schon im Dezember leergezogen war. Aus den Erfahrungen meiner Oma kann ich sagen: Es ist nicht schön in einem halbverwaisten Wohnheim zu leben, wenn alle Freund*innen schon ausgezogen sind, drängt es einen selbst auch zum zügigen Umzug. Daher ist sicher klar, dass die Senioren diesen Prozess aus eigenem Antrieb und ohne Druck von außen (!) so schnell vollzogen haben.
Erst nachdem das Wohnheim leer gezogen wurde hat sich nun die Stadt mit der AWO geeinigt den Altbau zu nutzen, um vorrübergehend Geflüchtete dort unterzubringen und zwar weil dieser Teil als letztes abgerissen wird: Zuerst wird der Neubau (als Verbindungsstück zur Berginspektion) abgerissen, um dort einen Abstand zwischen den beiden Hauptgebäuden zu schaffen, dann wird die Berginspektion abgerissen, da die Fassade erhalten bleiben soll, wird dies ein zeitaufwändiges Unterfangen. Anschließend wird die Berginspektion neu errichtet und erst dann der Altbau abgerissen. Zu diesem Zeitpunkt müssen die Geflüchteten anderweitig untergebracht werden. Der Bauplan darf durch die zwischenzeitliche Unterbringung der Geflüchteten nicht angetastet werden (damit wären auch Mehrkosten verbunden, die die AWO sicher nicht aufbringen will).
Zu den Fragen:
1. Wurden die Senioren frühzeitig aus dem Heim geworfen, um Platz für Flüchtlinge zu machen? – Nein, s.o.: Der frühzeitige Leerzug erfolgte vollkommen freiwillig, da zu diesem Zeitpunkt die AWO noch gar nicht im Gespräch als Unterbringung war.
2. Wieso können die Flüchtlinge da während des Umbaus wohnen, die Senioren müssen aber ihr zuhause verlassen? – Dass der Baulärm wahrscheinlich ein nur schwer zumutbares Maß erreichen wird, ist bekannt. Die Geflüchteten müssen da leider durch, den Senioren wollte man dies nicht zumuten.
3. Dann haben die Flüchtlinge ja ganze Wohnungen für sich, ist das fair? – Die Aussage an sich ist falsch. Während in diesem Gebäude bisher nicht einmal 50 Senior*innen untergebracht waren, werden zukünftig über 100 Geflüchtete dort in Mehrbettzimmern residieren.
Liebe Waltroper*innen, gerne geben wir euch die Informationen, die ihr braucht, um solche Situationen zu verstehen und bewerten zu können, aber dazu müsst ihr auch mal nachfragen! Wilde Mutmaßungen bringen hier gar nichts. Also bitte bewahrt die Ruhe und freut euch, dass die Stadt eine so kostengünstige Möglichkeit gefunden hat, um die ankommenden Geflüchteten unterzubringen, denn egal wie viel gemeckert wird, an den Zuweisungen wird sich nichts ändern. Vielen Dank an die AWO, das hilft uns vor Ort wirklich!
Monya Buß ist Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90 / Die Grünen Waltrop