Das Jüdische Museum beteiligt sich am kommenden Sonntag am „Europäischen Tag der Jüdischen Kultur“ mit zwei Veranstaltungen: einem Vortrag und einer Ausstellungseröffnung.
Rahmenthema dieser internationalen Kampagne ist in diesem Jahr „Jüdische Sprachen“. Ein Vortrag von Walter Schiffer M.A. (Borken) um 15 Uhr widmet sich dem Thema „Eine Bibel für unwissnde Weiter und Männer: Zenerene“. Hier wird – nach einer knappen Einführung in die Geschichte des Jiddischen – ein Werk vorgestellt, das mit über 200 (!) Auflagen weltweit die größte Verbreitung gefunden hat: Ze’enah uR’enah oder kurz: Zenerene – ‚„Kommt heraus und seht“, o Töchter Zions‘, wie es im Hohelied 3,11 heißt. Um 1600 entstand diese Nacherzählung der Fünf Bücher Mose, die durch Texte aus dem Talmud und den Midraschim (Erklärungen zum Bibeltext) ergänzt wurde. Lange Zeit ging man davon aus, dass das jiddischsprachige Werk lediglich bei Frauen in Gebrauch war, die keine intensive Ausbildung in dem traditionellen Schriftgut hatten. Heute ist sich die Forschung aber einig, dass ebenso Männer diese „Wajberbibel“ studierten. Diese Veranstaltung findet in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit im Kreis Recklinghausen statt.
Um 17 Uhr folgt eine Ausstellungseröffnung: „Jüdische Portraits“ von Herlinde Koelbl. Die bekannte Fotografin hat mit ihrem aus Text-Bild-Kombinationen bestehenden Fotoprojekt deutschsprachige Juden porträtiert, die der Shoah entkommen sind. Einige dieser Überlebenden waren nach 1945 aus dem Exil nach Deutschland (Ost oder West) und nach Österreich zurückgekehrt; die meisten blieben in jenen Ländern, in denen sie Aufnahme gefunden hatten. Entstanden ist so ein kollektives Denkmal für eine Generation, die als letzte in das intellektuelle und geistige Klima der deutsch-jüdischen Symbiose hineingeboren wurde, die Zerschlagung dieser Kultur miterleben musste – und die den Holocaust an über sechs Millionen Juden überlebte. Herlinde Koelbls Porträtgalerie beschränkt sich nicht darauf, jüdische Persönlichkeiten der Geistes- und Kulturgeschichte in aller Welt aufzuspüren, sondern sie führte mit den Porträtierten eindringliche Dialoge zu ihrem Verständnis von jüdischer Tradition, von Religion und Heimat. Mehr Information unter www.jmw-dorsten.de/ausstellungen/sonderausstellungen/ .
Zur Eröffnung am 4. September um 17:00 Uhr gibt Dr. Thorsten Smidt (Haus der Geschichte der Bundesrepublik in Bonn) eine Einführung in die Ausstellung. Während der Eröffnungsveranstaltung ist der Eintritt frei; die Ausstellung wird bis zum 18. Dezember 2016 gezeigt.
Mehr als 20 Museen beteiligen sich bundesweit an diesem Aktionstag, darüber hinaus auch viele jüdische Gemeinden und andere Erinnerungsorte – siehe auchwww.jewisheritage.org/web/agenda/2016/germany .