Im Zuge des steigenden Abschiebungsdrucks, insbesondere gegenüber Menschen aus den sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“, geraten in NRW nun selbst unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ins Visier der Ausländerbehörden.
Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kommen allein, ohne Elternteil, nach Deutschland und zählen zum Kreis der besonders schutzbedürftigen Personen. Um ihrem Schutzbedarf ausreichend Rechnung zu tragen, waren Abschiebungen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in NRW in der Vergangenheit eine absolute Ausnahme. Aktuelle Fälle lassen nun einen gegenläufigen Trend befürchten. Im Aufenthaltsgesetz ist geregelt, dass ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nur abgeschoben werden kann, wenn sichergestellt ist, dass dieser nach der Abschiebung in die Obhut seiner Familie oder einer Fürsorgeeinrichtung übergeben wird. In den uns vorliegenden Fällen sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Es fehlt seitens der Ausländerbehörde an einer Mitteilung über die Aufnahme- und Versorgungssituation für die Jugendlichen, die nach Albanien abgeschoben werden sollen. Deshalb ist völlig unklar, wer im Zielstaat die Fürsorge für diese Jugendlichen übernehmen wird.
Der politische Wille, Menschen aus den sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ des Westbalkan so schnell wie möglich abzuschieben, macht kaum noch vor humanitären Hürden halt. Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats NRW kommentiert: „Menschen aus den Westbalkanstaaten sind schon rechtlich schlechter gestellt als andere Flüchtlinge. Dass bei den beiden anstehenden Abschiebungen offenbar auch das geltende Recht nicht angewandt wird, zeigt einmal mehr, dass der politisch gewollte Abschiebungsdruck seine Wirkung entfaltet. Dabei wird das Kindeswohl, welches bei allen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreffende Maßnahmen beachtet werden muss, durch eine Abschiebung massiv verletzt“.
Der Flüchtlingsrat NRW fordert die Landesregierung Nordrhein-Westfalen auf, in einem Erlass klarzustellen, dass aus NRW keine unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge abgeschoben werden. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen muss immer Priorität vor ordnungsrechtlichen Maßnahmen haben!