Sehr geehrter Herr Minister Jäger,
gestern hat sich der schleswig-holsteinische Innenminister Studt für einen bundesweiten Ab-schiebungsstopp nach Afghanistan ausgesprochen. Dies ist unter anderem eine Reaktion auf den neusten Afghanistan-Bericht des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, der allen InnenministerInnen in den letzten Tagen zugegangen ist. Laut UNHCR ist „das ge-samte Staatsgebiet Afghanistans von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt im Sinne des Art. 15c der EU-Qualifikationsrichtlinie betroffen“. Auch die aktuellen Terroranschläge u.a. in Kabul (21. November, mindestens 27 Tote) oder in Masar-i-Sharif (10. November, mindes-tens 4 Tote, 128 Verletzte), zuvor von der Bundesregierung als sicher eingestuft, zeigen: Af-ghanistan ist nicht sicher.
Während der letzten 12 Jahre hat es aus gutem Grund keinen größeren Abschiebeflug nach Afghanistan gegeben. Mit der ersten Sammelabschiebung am 14.12.2016 vom Flughafen Frankfurt/M., an der sich NRW beteiligt hat, wurde dieses Tabu gebrochen. Weitere Abschie-bungen nach Afghanistan sind angekündigt.
Es ist mehr als bedauerlich, dass NRW den Einschätzungen des Bundesinnenministeriums zur Sicherheitslage in Afghanistan gefolgt ist und nicht, wie beispielsweise die ebenfalls mit rot-grüner Beteiligung regierten Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Thüringen weiter-gehende und nicht durch politische Interessen motivierte Erkenntnisse abgewartet hat. Spä-testens nach diesem UNHCR-Bericht muss die Landesregierung selbst die durchgeführte Sam-melabschiebung im vergangenen Dezember als Fehlentscheidung werten und daraus entspre-chende Konsequenzen ziehen.
Sehr geehrter Herr Minister Jäger, wir ersuchen Sie, für NRW einen sofortigen Abschiebungs-stopp nach Afghanistan zu erlassen und sich der Initiative von Minister Studt aus Schleswig-Holstein für einen bundesweiten Abschiebungsstopp anzuschließen.
Mit freundlichen Grüßen
Birgit Naujoks
(Geschäftsführerin)