Berufsverband Deutscher Psychologinnenund Psychologen (BDP) fordert politisches Konzept für Integration
Im Rahmen des Expertengesprächs „Herausforderungen der Integration – die Perspektive der Psychologie“ am vergangenen Wochenende in Frankfurt/Main mahnt der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP) die Achtung der Menschenrechte, gerade für Menschen in Not und Opfer von Flucht und Vertreibung, an.
„Die Bedeutung unserer gesellschaftlichen Werte zeigt sich besonders in krisenhaften Situationen. Die Integration sehr vieler geflüchteter Menschen seit 2015 ist dafür ein Lackmustest und bleibt in den nächsten Jahren eine große Herausforderung“. Erfolgreiche Integration ist nicht mit der Klärung des Aufenthaltsstatus abgeschlossen. Studien zufolge dauert die umfängliche Integration eines Menschen mehrere Jahre. „Wir haben es in der Vergangenheit versäumt, ein politisches Konzept für Integration zu entwickeln. Dies müssen wir umgehend nachholen, um gesellschaftliche Entwicklungen aktiv gestalten zu können, die uns alle betreffen. Unser Berufsstand ist bereit, seinen Teil hierzu beizutragen“, erklärt BDP-Präsident Prof. Dr. Michael Krämer.
„Jenseits des politischen Umgangs mit der anhaltend schwierigen Weltlage darf man nicht aus dem Blick verlieren, dass es sich bei den bisher Aufgenommenen um Menschen handelt, die versuchen, sich aus lebensbedrohlichen und prekären Situationen zu retten“, so Krämer weiter. Die Expertise von PsychologInnen und PsychotherapeutInnen ist für die Einschätzung der psychischen Verfasstheit der betreffenden Personen unerlässlich. Dies gilt auch für deren Potenziale. Psychologische Kompetenz ist ein wesentliches Element für eine gelungene Integration. Auf professionelle Unterstützung im ausreichenden Umfang zu verzichten, ist gesellschaftlich nicht zu verantworten. Dies zeigt sich auch in den zunehmenden negativen Meldungen in den Medien, die Zusammenhänge mit misslungener Integration erkennbar werden lassen.
Psychologische Unterstützung spielt nicht nur für Geflüchtete eine essentielle Rolle. Auch die Berufsgruppen, die unter erschwerten Bedingungen in der Aufsicht, Betreuung und Administration beschäftigt sind, brauchen Unterstützung für ihre belastende Tätigkeit. „Eine fachpsychologische Expertise kann einen wichtigen Beitrag leisten, um Tragödien zu vermeiden. Jeder einzelne Vorfall, bei dem Personen verletzt oder getötet werden, ist ein Fall zu viel. Zudem ermöglicht ein Verständnis der psychologischen Zusammenhänge den Freiwilligen und professionellen Helfern besser mit den bedrückenden Situationen umzugehen und unangemessenen Reaktionen vorzubeugen“, so Krämer weiter.
Der BDP setzt sich für eine offene und pluralistische Gesellschaft ein und sieht eine Vernachlässigung internationaler Übereinkünfte zu den grundlegenden Menschenrechten als bedenklich an. Der BDP fordert daher unter anderem, dass psychologische Gutachten bei der Entscheidung über Aufenthalte und Abschiebungen weiterhin einbezogen werden, psychisch belastete Geflüchtete grundsätzlich Zugang zu qualifizierter psychologischer Beratung erhalten, der Schutz der Familie Vorrang hat und die UN-Kinderrechtskonvention uneingeschränkt Beachtung finden.
Das Positionspapier des Arbeitskreises Inklusion/Integration im BDP „Inklusion – Integration – Vielfalt, Die Perspektive der Psychologie“ findet sich hier:
www.bdp-verband.org/bdp/politik/2017/170622_positionspapier.pdf
(Pressemitteilung 6/2017 des BDP vom 04.09.2017)