Eröffnung am 15. Oktober 2017
Fritz Bauer hat als Generalstaatsanwalt und Initiator des Frankfurter Ausschwitz-Prozesses bundesrepublikanische Geschichte geschrieben. Im größten Nachkriegsprozess der BRD stellte er den NS-Staat in den Mittelpunkt des Verfahrens und nicht nur einzelne Straftäterinnen und Straftäter. Mit dem Frankfurter Ausschwitz-Prozess wurde das Schweigen über das unvorstellbare Leid im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und auch über den Holocaust gebrochen. Der Gerichtssaal wurde zu einem Klassenzimmer der Nation. Die Ausstellung „Fritz Bauer. Der Staatsanwalt. NS-Verbrechen vor Gericht“ thematisiert sowohl seinen Einsatz im Ausschwitz-Prozess, die Beteiligung an der Überführung Adolf Eichmanns als auch seine eigene Lebensgeschichte, die die großen Verwerfungen des 20. Jahrhunderts spiegelt.
Im NS-Staat wurde Fritz Bauer als Sozialdemokrat und Jude ausgegrenzt und verfolgt. Er rettete sich in die Emigration, zunächst nach Dänemark, dann nach Schweden. Auch im Exil setzte er sein politisches Engagement fort. Fritz Bauer kehrte nach Ende des Zweiten Weltkriegs nach Deutschland zurück und wurde zu einem der bedeutendsten und juristisch einflussreichsten jüdischen Remigranten im Nachkriegsdeutschland. Als Staatsanwalt revolutionierte er das überkommene Bild dieses Amtes. Er konfrontierte die Nachkriegsgesellschaft unnachgiebig mit ihrer eigenen Vergangenheit. Für ihn waren Schutz und Würde des Einzelnen, insbesondere vor staatlicher Gewalt, wichtiger als eine Staatsräson um jeden Preis. Sowohl in Frankfurt als auch in Braunschweig ließ er den Artikel 1 des Grundgesetzes an die Gerichtsfassade anbringen. Außerdem kämpfte Fritz Bauer als einer der Ersten um die die Rehabilitation der Widerstandskämpfer vom 20. Juli 1944.
Die Ausstellung dokumentiert die verschiedenen Lebensstationen Bauers: Kindheit und Jugend Bauers im Kaiserreich und in der Weimarer Republik sowie die Stuttgarter Jahre, auf die die Emigration nach Skandinavien folgte. Auch die Exilzeit wird umfangreich behandelt. So werden beispielsweise Dokumente der dänischen Ausländerbehörde erstmals gezeigt. Bauers Wirken in der jungen Bundesrepublik, die Beteiligung an der Ergreifung Adolf Eichmanns und der Frankfurter Ausschwitz-Prozess sind zentraler Bestandteil. Zudem soll seine Rolle als Sozialdemokrat näher beleuchtet werden – er war nicht lediglich ein kämpfender Außenseiter. Mit dem bisher wenig beleuchteten Kapitel der Wiedereingliederung ehemaliger Nationalsozialisten in die bundesrepublikanische Gesellschaft zur Zeit des Kalten Krieges erforscht die Ausstellung auch den Kontakt Bauers zu der Generalstaatsanwaltschaft der DDR, die Einsicht und Austausch von Beweisdokumenten anboten. Bauer nahm als einer von wenigen Generalstaatsanwälten deren Angebot an, um die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen voranzubringen.
Kollegen und Freunde Fritz Bauers haben immer wieder die beeindruckende persönliche Präsenz des Generalstaatsanwalts hervorgehoben. Neben Dokumenten, Fotografien und Exponaten aus dem persönlichen Nachlass, sind es vor allem die zahlreichen Bild- und Tondokumente, mit denen die Besucher Fritz Bauer als glänzenden Rhetoriker, als streitlustigen Diskutanten und als nachdenklichen Gesprächspartner entdecken können.
Die Ausstellung wird am 15.10.2017 um 11:00 Uhr eröffnet. Sie ist zu sehen bis zum 25. Februar 2018.
Infos unter: http://www.jmw-dorsten.de/