Der Familiennachzug zu subsidiär schutzberechtigten Flüchtlingen soll nach dem Willen der Unionsparteien weiter ausgesetzt bleiben. Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften appelliert in einem offenen Brief an die Koalitionspartner, davon Abstand zu nehmen. Die Flüchtlingshilfe dokumentiert den Brief im Wortlaut:
17. Oktober 2017
Sehr geehrte Frau Dr. Angela Merkel, Herr Horst Seehofer, Frau Katrin Göring-Eckardt, Herr Cem Özdemir und Herr Christian Lindner,
Offensichtlich vorbereitend hierfür verständigten sich CDU und CSU mittlerweile über eine jährliche Zuwanderungsquote von 200.000 Flüchtlingen und führten damit faktisch eine Obergrenze ein. Nicht nur, dass humanitäres Handeln keine Obergrenze kennt, geht diese Verschärfung vor allem zu Lasten des Nachzugs und damit zu Lasten der Familien. Mit gleichem Zungenschlag wird über die Fortsetzung der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Geschützten gesprochen.
Diese Entscheidungen der beiden – christlichen – Parteien erleben wir als Verband mit allen Konsequenzen für geflüchtete und bereits angekommene Familien in grellen Farben und lehnen sie daher ab. Was für die einen eine Zahl ist, ist für die anderen ein irgendwie zu ertragenes Bangen, Sehnen und Verzweifeln. Es sind Kinder, Mütter und Väter, die mit ihren engsten Angehörigen nicht zusammen leben können. Sie können nicht wirklich in diesem Land ankommen und sich auf die neue Heimat einlassen, wenn ihr Denken massiv von Sorgen um ihre Lieben blockiert ist. Wenn ihr Alltag gefüllt ist von Angst und Verzweiflung, dass ein nächster Angehöriger nicht in Sicherheit ist oder sterben wird, geht Kraft und Energie für den so notwendigen integrativen Prozess hier in Deutschland verloren.
Alle Parteien haben im Wahlkampf auf Familien geschaut und sich als deren Vertreter präsentiert. Das freute uns. Dies ist ein richtiger Fokus, nur muss dieser nun auch bei der Bildung einer neuen Regierung für dieses Land bewahrt werden. In Familienfragen darf es nicht um den kleinsten gemeinsamen Nenner gehen. Alle Familien sind die Zukunft dieses Landes. Folglich ist Familienleben zu schützen und zu fördern, so wie es auch Artikel 6 GG verlangt, und ist nicht mit Sicherheits- und Strukturinstrumenten zu steuern.
Wir appellieren daher an Sie als Verantwortliche für die Aushandlung eines neuen Koalitionsvertrages: Treffen Sie wirklich familienfreundliche Entscheidungen. Erinnern Sie sich daran, welche große Bedeutung und Chance den Familien für unser Land zukommen. Finden Sie den größten gemeinsamen Nenner bei dem Schutz und der Förderung von Familien – allen Familien.
Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.
Der Bundesvorstand
Sidonie Fernau (Vorsitzende) und Dr. Bärbel Sánchez Corneaux (Stellv. Vorsitzende)