BDP fordert solides Integrationskonzept statt Stimmungsmache und inflationäre Gesetzesdebatten
Angesichts der aktuellen Debatten fordert der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) die Rückkehr zur Sachlichkeit und die Beendigung des Wettlaufs um die rigidesten Strafmaßnahmen. Stattdessen sei die schonungslose Aufklärung und Ermittlung in alle Richtungen sowie im ersten Schritt die Anwendung bestehender Gesetze erforderlich. „Einen Pauschalverdacht heraufzubeschwören, hilft keinem. Unabhängig von den Ereignissen in Köln brauchen Flüchtlinge und Migranten Hilfe bei der Integration, insbesondere beim Erlernen der Sprache. Wenn wir von ihnen ein besseres Verständnis des demokratischen Rechtsstaates abverlangen, sollten wir auch beispielhaft mit sachlichen Debatten vorangehen“, erklärt BDP-Präsident Prof. Dr. Michael Krämer. „Im Moment liefern wir keinen hilfreichen Anschauungsunterricht, der den Opfern sexueller Gewalt gerecht wird.“
Psychologinnen, Psychologen und Psychotherapeuten haben in ihren Beratungen oder Therapien Kontakt zu Gewaltopfern. Auch als Gutachter haben sie häufig mit Fällen sexueller Gewalt zu tun. Die Täter stammen oft aus dem eigenen familiären Umfeld, sind Vorgesetzte, die ihre Macht ausnutzen, sind Mitschüler, sind psychisch kranke oder betrunkene Gewalttäter – welcher Nationalität auch immer.
Auch wenn die Taten in der Silvesternacht eine neue Dimension haben und weitere gesetzliche Regelungen zum Schutz von Frauen erforderlich sind, wagt Krämer die Frage, ob das politische Interesse an weiblichen Opfern im Moment nur deshalb besteht, weil diese Opfer im Meinungskampf besser verwertbar sind. Als Demokrat warnt er vor Meinungsmache, auch in sozialen Medien, die jetzt diffuse Ängste mit denen vor Fremden im Allgemeinen und denen vor jungen Männern aus anderen Ländern im Besonderen vermischen. „Uns von Ängsten dominieren zu lassen, ist keine gute Alternative. Ermittlung der Täter und Hilfe für die Opfer sollten selbstverständlich sein. Schärfere Gesetze alleine sind nutzlos. Auch wenn es den verständlichen Wunsch nach Sicherheit gibt, muss unsere Freiheitskultur erhalten bleiben“, so Krämer.