Demonstration: Waltrop hat keinen Platz für Rassismus
Vom 13. auf den 14. Juni dieses Jahres wurde auf die neuen Wohncontainer der Flüchtlingsunterkunft am Schwarzbach ein Brandanschlag verübt. Da ein rechtsextremer und fremdenfeindlicher Hintergrund vermutet wird, hat der Staatsschutz die Ermittlungen aufgenommen.
Flüchtlingsheime sind ein bevorzugtes Ziel rechtsextremer Gewalt. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht eine Unterkunft für Flüchtlinge attackiert wird oder Personen angegriffen werden. In Deutschland gab es im Jahr 2017 über 2.200 tätliche Angriffe auf Geflüchtete; etwa 1500 gemeldete Straftaten waren antisemitisch motiviert und über 1.000 antimuslimisch.
Für Rechtsextreme steht die Tat für sich, sie muss nicht begründet werden, sie ist die Botschaft: sie soll Schrecken vermitteln, fremdenfeindliche Ressentiments schüren und mit der Tat soll das staatliche Gewaltmonopol unterwandert werden.
Der Tat geht das Wort voraus
Den Taten gehen jedoch die Worte voraus. Im Internet, auf Facebook, in den sozialen Netzwerken versuchen Rechtsextreme ihren Hass zu platzieren, zersetzend zu wirken und für ihre Machenschaften zu rekrutieren. Und immer öfter richtet sich der Hass auch gegen ehrenamtliche HelferInnen, JournalistInnen und PolitikerInnen. Selbst auch auf kommunaler Ebene.
Wer jedoch „mit Worten Gewalt sät, nimmt zumindest billigend in Kauf, dass auch Gewalt geerntet wird“, so Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich des 25. Jahrestags des rassistischen Brandanschlags mit fünf Toten in Solingen.
Wehren wir uns deshalb!
Lassen Sie uns als Zivilgesellschaft aufstehen!
Wir in Waltrop machen keine Bundespolitik und sind auch nicht verantwortlich für das, was in der Welt passiert. Wir sind aber lokal mit den Konsequenzen von Kriegen, Hunger- und Umweltkatastrophen konfrontiert, die sich global ereignen und weswegen aktuell 68,5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht sind. Einige von ihnen sind nun auch in Waltrop angekommen. Auch wenn nicht immer alles widerspruchsfrei erscheint: Helfen wir ihnen, damit Integration gelingen kann und ein friedliches Miteinander möglich wird.
Dafür demonstrieren wir: Samstag, 30. Juni, 11.00 Uhr
Treffpunkt: Kiepenkerlbrunnen / Platz von Gardelegen
3. Waltroper Kneipennacht
35 Acts, 21 Locations
Das Café der Flüchtlingshilfe war dabei. Eröffnet wurde der Abend von „Walthorpe Sounds“.
Theater und Philharmonie Essen starten Integrationsprojekt
Essen (idr). Kultur verbindet – diese Erkenntnis setzt die Theater und Philharmonie Essen (TUP) in ein neues Integrationsprojekt um: Unter dem Titel „Kultur entdecken – Mashallah“ bietet die TUP Bürgern die Möglichkeit, Flüchtlinge zu Konzerten, in die Oper oder ins Ballett zu begleiten. Interessierte erhalten vergünstigte Karten für sich selbst und bis zu zwei Freikarten für Flüchtlinge.
Unterstützt wird die Initiative vom Kommunalen Integrationszentrum der Stadt Essen. Hier können sich alle Interessenten melden, die eine Eintrittskarte für das Projekt „Mashallah“ erhalten möchten (Kontakt: Tuncer Kalayci, Telefon: 0201/88-88478, E-Mail:tuncer.kalayci@interkulturell.essen.de). Insgesamt stehen zehn Veranstaltungen zur Auswahl.
Infos unter www.theater-essen.de
Wer isoliert wen?
Eine Antwort auf eine in der Waltroper Zeitung formulierte Aufforderung, die AfD nicht zu isolieren

Ich weiß, das Thema nervt – und ich stimme dem sogar zu. Aber dies hier ist zu wichtig, als dass man es nicht dokumentieren sollte, weil es viele bewegt und sogar in den Kommentarspalten der Waltroper Zeitung verhandelt wurde: Der Dialog mit der AfD und ihren Anhängern.
Die Forderung an sich ist richtig, doch wenn man darüber theoretisiert sollte man vielleicht auch bei denen nachfragen, die damit schon praktische Erfahrung gesammelt haben. Die Flüchtlingshilfe Waltrop hat diese. Dabei will ich jetzt gar nicht darauf abheben, dass wir uns in den diversen Foren der Auseinandersetzung stellen und die vielen kleinen und großen Sticheleien Einzelner, aushalten.
Sondern: Wir haben bereits Anfang 2016 eine gemeinsame öffentliche Veranstaltung zusammen mit Menschen geplant, die insbesondere, doch nicht nur, durch die Ereignisse in der Kölner Silvesternacht, stark verunsichert waren, um das mal vorsichtig zu formulieren. Nachdem Ort und Zeit feststanden, wurde der Termin unter fadenscheinigen Gründen von der anderen Seite abgesagt. Etwa ein Jahr später wiederholten wir unser Angebot des öffentlichen Dialogs. Das wurde brüskiert zurückgewiesen.
Nun hat der AfD-Aktivist Thomas Klein, der in verschieden Waltroper Facebook-Foren sich eher durch Pampigkeit auszeichnete, eine Gruppe mit dem Namen „Politisches Forum Waltrop“ ins Leben gerufen und mit dem Slogan „Für Meinungsfreiheit und Toleranz!“ dafür geworben, dieser beizutreten. Das haben einige von uns getan, ich gehörte dazu. Meine Mitgliedschaft dauerte allerdings nicht sehr lange und das Nachvollziehen des Rauswurfs ist nicht nur amüsant zu lesen, sondern quasi der Beleg vor Ort, wofür die AfD bundesweit steht: Unwahrheiten und Intoleranz.
Das Angebot der Meinungsfreiheit nutzend, beteiligte ich mich an einigen Diskussionen, stellte eine Reihe von Fragen und trug mit ein paar Beträgen zur Frequentierung der Seite bei, alles nichts Neues und interessierten Leserinnen und Lesern, prinzipiell bekannt. Es dauerte keine sechzig Minuten, da war ich rausgeworfen.
Andere, die das interessierte, erhielten die Auskunft: „Bernd Schäfer gefiel es hier nicht mehr ! :)“ Als diese Lüge nicht mehr zu verteidigen wahr, formulierte der Administrator Klein: „Bernd Schäfer hat die Gruppe gespamt“. Nun, was Thomas Klein von der örtlichen AfD unter Spam versteht, kann ich gerne verraten. Das waren zum Beispiel Themen wie:
– Morddrohungen gegen unsere Bürgermeisterin,
– Gewalt gegen Frauen und Kindesmissbrauch,
– Tolerierung von Pädophile und Sexismus in der AfD,
– die Diskussion um den Beitrag der Wunderbar,
– Gewalt gegen Flüchtlinge hier in Waltrop,
– die Forderung innerhalb der AfD Jagd auf Menschen zu machen und Menschen zu entsorgen,
– Tolerierung von Vergewaltigungen durch deutsche Männer,
– der Abriss der Waltroper Nazi-Gedenkstätte.
Ich glaub’, das muss man nicht weiter kommentieren, das spricht für sich. Damit sich niemand mehr ein eigenes Urteil bilden kann, wurden der Großteil der Beiträge inzwischen gelöscht.
Die Flüchtlingshilfe Waltrop leistet anerkannt professionelle Arbeit bei der Integration und unterstützt unsere Stadt bei deren kommunalen Aufgaben und Pflichten. Das kommt allen Bürgerinnen und Bürgern zugute, weil wir damit den städtischen Haushalt entlasten. Gelder, die somit für andere Aufgaben bereitgestellt werden können. Und sehr viele unserer Mitmenschen – und es werden immer mehr – honorieren dies und bestärken uns in unserer Arbeit.
Die Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern ist nicht immer widerspruchsfrei. Das wissen wir. Da wir aber täglich mit den Realitäten und Lebenswirklichkeiten konfrontiert sind, können wir so etwas wie eine Kommunikationsbrücke sein. Für alle die das interessiert. Auch für die WZ.
Unsere Erfahrungen mit der AfD und ihren Sympathisanten sind eindeutig negativ. AfD und NPD waren bei der letzten Bundestagswahl für 21.354 Wahlberechtigte keine Alternative. Mit der Mehrheit der Menschen in Waltrop, den rund 90 Prozent, werden wir weiter das Gespräch suchen und führen. Vielleicht hören die andern dann ja auch mal zu.
Kommentar: Wir sind die Mehrheit
Okay, bundesweit rund 13,0 Prozent für eine Partei, die offen rassistische und nationalistische Thesen vor sich her trägt, sind 13,0 Prozent zuviel. In Waltrop erreicht diese zwischen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus schwankende „Schande für Deutschland“ (Martin Schulz) 10,55 Prozent und liegt damit etwas über dem NRW-Schnitt und unterhalb der Ergebnisse in anderen Ruhrgebietsstädten. Ärgerlich natürlich auch, der Stimmenzuwachs gegenüber der NRW-Wahl von rund zwei Prozent für diesen rechten Laden.
Aber: Was ist denn die Ausgangssituation? Es sind nicht vorrangig soziale und/oder wirtschaftliche Fragen. Natürlich besteht eine allgemeine und auch berechtigte Unsicherheit hinsichtlich der Versorgung im Alter, der Energiewende, der Chancengleichheit bei der Bildung oder bei der gerechten Entlohnung und der sozialen Absicherung, um einige Beispiele zu nennen.
Doch sind dies die Fragen die die WählerInnen zu diesem obskurem Verein getrieben haben, der in unserer Stadt noch nicht einmal einen funktionierenden organisatorischen Zusammenhang hat und auch dann gewählt worden wäre, wenn die AfD als Kandidaten einen Besenstiel aufgestellt hätte? Nein. 75 Prozent der AfD – WählerInnen bezeichnen ihre persönliche wirtschaftliche Situation als gut. Was uns die Wahlanalysen verraten ist, dass die zentralen Themen Terrorismus, Kriminalität und Einwanderung sind. Und rund 60 Prozent wählen diesen Verein nur, weil sie von den anderen Parteien enttäuscht sind.
Das soll keine Entschuldigung sein, denn: Wir sind in den letzten Jahren vor Ort mit globalen Entwicklungen konfrontiert worden, worüber kulturelle Identität oder beispielsweise das soziale Miteinander, für viele infrage gestellt wurden. In diesem Zusammenhang kamen viele berechtigte Fragen auf. Kann die Integration gelingen? Werden wir überfordert? Können wir uns das leisten? Wie sind die anderen drauf? Ist deren Kultur mit unserer vereinbar? Und so weiter. Und natürlich gibt es auch eine Reihe von Beispielen, die alles insgesamt infrage zu stellen scheinen, wie die Kölner Silvesternacht.
Solche Fragen wurden instrumentalisiert und in rassistische und fremdenfeindliche Diskurse übersetzt. Die Medien, und auch die hier vor Ort, ließen ab und an die kritische Distanz vermissen und multiplizierten nicht selten, statt einzuordnen. Im besonderen Maße haben hier auch die so genannten sozialen Medien eine wichtige Rolle. Es ist allgemein bekannt, dass Rechtsradikale vorrangig über das Internet mobilisieren. Und es ist deshalb auch kein Zufall, dass ein Administrator einer großen Waltroper Gruppe die Brocken geschmissen hat, weil er sein Forum von Rechtsextremen unterwandert sah.
Was heißt das? Die AfD ist kein soziales Phänomen. Sie hat für die zentralen Fragen unserer Zukunft keine Antworten und rekrutiert vornehmlich aus den Unsicherheiten, die sich aus den aktuellen Krisensituationen ergeben. Die werden auch zukünftig nicht weniger. Das, was wir an Integrationsarbeit leisten, ist deshalb keine vorübergehende sondern eine Jahrhundertaufgabe, weil Konflikte und Krisensituation zunehmen werden. Das, was wir als Flüchtlingshilfe ehrenamtlich leisten, muss mehr und mehr strategische Kommunalarbeit werden.
In Waltrop haben 1.906 Menschen mit ihrer Zweitstimme für die AfD votiert. Immer noch 56 für die NPD. Bei einer hohen Wahlbeteiligung von beachtlichen 77,2 Prozent. Die relativen Stimmenanteile in einzelnen Stimmbezirken mit bis zu 15,0 Prozent für die Rechtspopulisten sind hoch, korrespondieren allerdings mit der hohen Briefwahlbeteiligung, worüber Verzerrungen auftreten. Auch das soll keine Relativierung sein. Es gibt in Deutschland, wie in anderen europäischen Ländern auch, ein Potenzial für rechtsextremes Gedankengut. Aber, hier in Waltrop konnten sie 21.354 wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Hetzte nicht überzeugen. Die stimmten für andere, demokratische Parteien oder sahen auch in der AfD keine Alternative. Das ist die Mehrheit. Und zwar eine sehr große. Bauen wir darauf auf.
Wider dem Krieg
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