Am 13. November findet ein Laternenfest statt. Da kündigt sich nicht nur ein nettes gesellschaftliches Ereignis an, sondern so wie es angegangen wird, auch ein wichtiges:
Denn außer, dass sich viele daran beteiligen wollen, es wird drei „Laternenläufe“ geben, von der Marienkirche, der Dreifaltigkeitskirche und dem Sportzentrum Nord, um anschließend auf dem Marktplatz mit vielen winterlichen Angeboten zu feiern, stellen die Organisator*innen laut WZ von heute (18.10.) heraus:
„Bewusst ist hier nicht von einem Martinsfest die Rede, weil es offen sein soll für Kinder anderer Glaubensrichtungen, und der religiöse Aspekt werde auch nur „gestreift“’.
Das ist auch gut so
Das ist auch gut so, denn St. Martin ist ein katholisches Fest und fällt auf den 11. November. Bei den Protestanten heißt das Martins-Umzug, weil sie Martin Luther feiern, die Übereinstimmung beim Namen ist nur zufällig: Luther wurde am 11. November getauft. Im Alemannischen feiert man zur selben Zeit die Räbenlichter, was eher heidnisch ist. Und das Laternelaufen ist auch ein Brauchtum in Gegenden, die weniger katholisch geprägt sind.
Nun werden den Veranstalter*innen die rechtsextremen Diskurse der letzten Jahre vom vermeintlichen Untergang des Abendlandes und der Islamisierung desselben nicht entgangen sein, und in den einschlägigen sozialen Medien melden sich die kleinen und großen Wutbürger auch gleich entsprechend zu Wort und fürchten um ihre Werte, wenn aus dem St. Martin – Umzug nun ein Laternenlauf werden soll.
Wo sich zunächst erstmal die Frage stellt, welche Werte denn da gemeint sein können, denn für andere offen zu sein, nicht auszugrenzen ist ja genau eine Essenz, die auf einer Meta-Ebene mit der Geschichte um Martin von Tours an die jungen Generationen vermittelt werden soll.
Weiter muss man fragen, wo denn das Engagement der jetzt um die christliche Moral so besorgten Bürger*innen ist, wenn es denn darum geht mit denen zu teilen, die aktuell unserer Hilfe bedürfen, beispielsweise den weltweit rund 70 Millionen Flüchtlingen, von denen ein paar Hundert auch in Waltrop leben.
Allerdings ist der Hintergrund in diesem Fall, wo die Bücherinsel, das Sportzentrum, die katholische wie auch die evangelische Kirche, verschiedenen Kitas, das Mütterzentrum, „Heimatklänge“, der THG-Chor, die Musikschule und und und sich daran beteiligen, wesentlich trivialer: Es ist die erste Veranstaltung dieser Art. Sie beruft sich auf keinerlei Tradition – wie könnte sie auch?
Christliches Brauchtum kommerziaisieren?
Mitverantwortlich zeichnet die Bücherinsel, die ihr zehnjähriges Jubiläum feiert. Zwar kann man unterstellen, dass Menschen die sich mit dem Literarischen auseinandersetzen eher humanitären Idealen verpflichtet fühlen als christlichen Moralvorstellungen, was ja nicht immer ein Widerspruch ist, doch der Charakter ist doch zunächst einmal ein kommerzieller. Und der Aufschrei christliche Traditionen versuchen zu kommerzialisieren, wäre dann schon eher berechtigt.
Allerdings geht es hier auch nicht darum, denn die in den letzten Jahren vom Stadtmarketing organisierten Martins-Umzüge finden einfach nicht mehr statt. Vermutlich blieb bei allem kulturellem Engagement nicht mehr so viel monetär Verwertbares in der Kasse über. Für dieses Jahr ließ sich auf jeden Fall keine ausreichende Schar von unterstützenden Geschäftsleuten finden, so dass die Bücherinsel in die Leerstelle einsprang.
So gesehen ist die Argumentationskette der rechten Ideologen ziemlich peinlich, höflich formuliert. Das lässt sich aber noch toppen: Denn der St.-Martins-Umzug, jener, der in der Tradition des Heiligen Martin von Tours steht, wird stattfinden. Selbstverständlich. Wie jedes Jahr organisiert die Katholische Gemeinde St. Peter ihren Umzug. In diesem Jahr am 09. November, beginnend von St. Peter werden die jungen Mitglieder unserer Stadt von ihren Müttern und Vätern an der Hand nach St. Marien geführt.
Ups, wer jetzt von „Deutschland schafft sich ab“ faselt, die „Islamisierung des Abendlandes“ konstruiert oder sich seiner Traditionen beraubt fühlt, hat sich offensichtlich bislang nicht für das Thema interessiert, denn dann müsste einem das aufgefallen sein, dass es unterschiedlich Events mit differenten Hintergründen gibt. Wo dann im Unterschied zum kommerziellen Event innerhalb der christlichen Mythologie nicht das Ereignis als solches, sondern das solidarische Teilen im Vordergrund steht.
Humanitäre Werte verteidigen
Wer jetzt meint, dass man diese christlichen, abendländischen, humanitären Werte verteidigen muss, für den oder die könnte St. Martin ein geeigneter Zeitpunkt sein, genau diese zum Ausdruck zu bringen und das nachfolgende Anliegen solidarisch zu unterstützen:
Die Evangelische Kirchengemeinde hat nämlich beantragt, dass Waltrop dem Palermo Appell beitritt und sich zum „Sicheren Hafen“ erklärt. Denn wir können als zivile Gesellschaft nicht weiter zulassen, dass Menschen auf ihrer Flucht an den europäischen Außengrenzen sterben. In diesem Jahr sind es schon über 1.000 die im Mittelmeer ertrunken sind, seit 2014 schätzungsweise über 20.000. Vor rund einer Woche ist wieder ein überfülltes Flüchtlingsboot gesunken. Taucher haben jetzt das Wrack mit den Leichen entdeckt. Unter den Toten eine junge Frau die ihr Kind umarmt.
Den Beitrag haben wir der „Waltroper Streitbar“ entnommen: