Der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland ist stark. Aber Armut und geringe Teilhabechancen gefährden ihn. Nicht zuletzt aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen fällt im Osten der Zusammenhalt geringer aus als im Westen. Wachsende kulturelle Vielfalt schwächt das gemeinschaftliche Miteinander nicht.
In Dortmund eröffnet die „Internationale Bibliothek“ mit Büchern in 111 Sprachen
Dortmund (idr). Lesen in 111 Sprachen – die Dortmunder Stadt- und Landesbibliothek verleiht nach eigenen Angaben Gedrucktes in so vielen Sprachen wie keine andere deutsche Bibliothek. Heute eröffnete hier offiziell die „Internationale Bibliothek“.
Mehr als 10.000 Bücher sowie Audio-CDs wie Hörbücher und Lern-CDs können Nutzer hier ausleihen. Ein besonderer Schwerpunkt im Angebot liegt auf zweisprachigen Kinder- und Jugendbüchern. Alle europäischen Sprachen sind vertreten, inklusive Finnisch und Walisisch. Es gibt aber auch Werke in unterschiedlichen afrikanischen Sprachen bzw. Dialekten wie Igbo oder Twi, ebenso Kurmandschi und Surani (Kurdisch), Tschuwaschisch, Hindi oder Hawaiianisch.
Infos unter www.stlb.dortmund.de
Schalke 04 verleiht Auszeichnung gegen Diskriminierung
Gelsenkirchen (idr). Der Gelsenkirchener Fußballclub Schalke 04 hat gemeinsam mit der vereinseigenen Stiftung „Schalke hilft!“ den Ernst Alexander Preis ins Leben gerufen, der ab sofort für das Engagement gegen Diskriminierung und Gewalt verliehen wird. Jährlich sollen Einzelpersonen, Schulen, Vereine, Initiativen, Fanclubs, Vereine oder Projektträger mit dem Preis ausgezeichnet werden, die sich für Menschenrechte und gegen Diskriminierung stark machen. Der Preis ist mit 1.904 Euro dotiert.
Den ersten Ernst Alexander Preis erhält das Gelsenkirchener Grillo-Gymnasium. Schüler haben das ehemalige Durchgangslager Westerbork (NL) besucht, um sich auf die Spuren des Preis-Namensgebers zu begeben. Der jüdische Schalker wurde während der Nazi-Diktatur nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Eine Gedenktafel hält nun die Erkenntnisse der Schülerforschung fest und erinnert an Ernst Alexander.
Die feierliche Preisübergabe ist für den 5. Februar gepant.
Infos unter www.schalke04.de
EU darf Rechtsprinzipien und gemeinsame Werte nicht aufgeben
Brüssel/Berlin, 6. Dezember 2016. „Ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS) muss der individuellen Situation von Schutzbedürftigen Rechnung tragen. Neue EU-Regelungen, welche die entwickelten Standards absenken oder den Zugang zum Asylverfahren erschweren, wären ein fatales Zeichen im Ringen um den Bestand eines Europas, das weltweit als Garant für die Wahrung von Menschenrechten wahrgenommen wird“, betont Caritas-Präsident Peter Neher anlässlich des heutigen Jahresempfangs der Hauptvertretung des Deutschen Caritasverbandes in Brüssel.
Die Pläne der EU-Kommission zur Umgestaltung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) stellen in wichtigen Elementen einen Systemwechsel dar, der den Zugang zum Recht auf Asyl für viele Berechtigte faktisch unmöglich macht. Für den Deutschen Caritasverband gehört es zum Auftrag der EU unabdingbar dazu, fundamentale Rechtsprinzipien und grundlegende Wertvorstellungen nicht, auch nicht in Teilen, in Frage zu stellen.
„Der individuelle Flüchtlingsschutz muss erhalten bleiben, dazu ein für alle Schutzsuchende faires und transparentes Verfahren zur inhaltlichen Prüfung der Schutzgründe“, unterstreicht Neher. Eine Verlagerung der Verantwortung auf Drittstaaten verbunden mit einer Absenkung von Schutzkriterien werde geltenden völker- und menschenrechtlichen Vorgaben nicht gerecht.
Offener Brief an Minister Dr. Joachim Stamp
Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration
Minister Dr. Joachim Stamp
Haroldstr. 4
40213 Düsseldorf
Betreff: Asylsuchende nicht über längere Zeit in Landesaufnahmeeinrichtungen zwangsunterbringen
Sehr geehrter Herr Integrationsminister Dr. Stamp,
wir wenden uns heute aus einem besonderen, dringlichen Anlass an Sie: Wir sind besorgt über aktuelle Planungen in Nordrhein-Westfalen, nach denen Asylsuchende künftig bis zu zwei Jahren in Landesaufnahmeeinrichtungen bleiben und nicht mehr zur Aufnahme in die Kommunen verteilt werden sollen. Mit der Einführung des §47, Abs. 1b des „Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ wurde es den Ländern überlassen, Asylsuchende zu einem Aufenthalt in den Erstaufnahmezentren von bis zu zwei Jahren zwangszuverpflichten. Im Koalitionsvertrag der Landesregierung heißt es explizit, dass in Nordrhein-Westfalen die Landeseinrichtungen zur Entlastung der Kommunen zu nutzen sind, dass die Aufenthaltsdauer dort verlängert werden soll, und dass langfristig nur anerkannte Asylsuchende überhaupt noch den Kommunen zugewiesen werden sollen. Die dauerhafte Ausgrenzung von Asylsuchenden in Erstaufnahmeeinrichtungen und zentralen Unterbringungseinrichtungen hat weitreichende negative Folgen, sowohl für die betroffenen Flüchtlinge, als auch für Land und Kommunen.
Flüchtlingsfeindliche Haltung wird verstärkt
Es kann nicht im Interesse des Landes NRW sein, Asylsuchende dauerhaft in Großunterkünften außerhalb der Kommunen zu isolieren und sie dadurch vom Kontakt zur hier lebenden Bevölkerung auszuschließen. Vorbehalte und Ängste nehmen zu, wenn statt eines einzelnen Menschen und seines Schicksals nur noch eine anonyme Menge wahrgenommen wird.
Mit der Isolierung von Flüchtlingen, womöglich noch hinter Zäunen und Stacheldraht, sendet die Politik ein überaus problematisches Signal an die Bevölkerung: Flüchtlinge als gesellschaftlich Nichtzugehörige und als Sicherheitsproblem. Die ohnehin besorgniserregenden Vorbehalte eines Teils der Bevölkerung werden dadurch verstärkt und existierende flüchtlingsfeindliche Haltungen bestätigt. Dem gesellschaftlichen Frieden ist damit nicht gedient. Probleme für die Zukunft sind vorprogrammiert, mehr noch: In Großunterkünften leben die Bewohnerinnen und Bewohner geradezu auf dem Präsentierteller für Anfeindungen und Anschläge.
Großunterkünfte für Flüchtlinge sind stigmatisierende Zeichen der Ausgrenzung. Bundesländer, die bis heute auf die Verteilung in die Kommunen und – wo immer möglich auch die Unterbringung in Wohnungen – gesetzt haben, sind auch in dieser Hinsicht gut gefahren.
Bitte führen Sie sich die empirische Erkenntnis der vergangenen Jahrzehnte vor Augen: Ein erheblicher Teil derjenigen, die künftig in der Erstaufnahme langfristig festgehalten werden sollen, wird in Deutschland bleiben. Mit dieser Erkenntnis stellt sich die Frage nach den gesellschaftlichen Folgewirkungen einer Isolation – die Frage nach der Integration.
Hilfestellung bei Asylverfahren wird behindert, Integration erschwert
Die Erfahrungen der 1990er und 2000er Jahre haben deutlich gezeigt, dass eine Unterbringung in isolierten Großunterkünften zu erheblichen Problemen führen kann und eine desintegrative Wirkung entfaltet. Im schlimmsten Fall werden, insbesondere auch durch diskriminierende Begleitregelungen wie Residenzpflicht, Bargeldentzug etc. Integrations- und Teilhabechancen, aber auch Selbsthilfefähigkeiten, Produktivität und seelische Gesundheit mit der Dauerunterbringung in Erstaufnahmen erheblich angegriffen oder gar zunichtegemacht.
Erstaufnahmezentren, die lediglich, wie ihr Name es auch nahelegt, der logistischen und administrativen Bewältigung der Erstaufnahmesituation und ersten Orientierung der Ankommenden dienen sollten, werden auf diese Weise zu Desintegrationszentren, in denen Flüchtlingen über lange Zeit hinweg der Zugang zu Schule, Arbeit, neuen Nachbarn und Ehrenamtlichen versperrt wird. Wer zwei Jahre isoliert ist, lernt nur schwer die deutsche Sprache. Der behinderte Aufbau sozialer Kontakte führt unter Umständen sogar dazu, dass Flüchtlinge in ihrem zentralen Anliegen und Recht auf ein faires Asylverfahren keine angemessene Hilfestellung bekommen. Auch der Zugang zu Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten wird durch die Isolation massiv erschwert. Wer kein Geld hat und der Residenzpflicht unterliegt, der wird an vielen Orten keine Chance haben, sich nach rechtsanwaltlicher Vertretung umzuschauen. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte werden nicht in gebotenem Maße Beratung und Hilfestellung in teilweise abgelegenen Unterkünften anbieten können, so dass dem Rechtsschutz nicht genüge getan werden kann. Dieser faktische Ausschluss vom Zugang zu Rechtsmitteln scheint bedauerlicherweise geradezu gewollt. Wer doch rechtlichen Beistand findet und gegen eine Entscheidung vor Gericht zieht, den erwarten bei der aktuellen Überlastung der Verwaltungsgerichte weitere Jahre im Lager.
Die Zahl der Fehlentscheidungen des BAMF ist hoch. Ohne Hilfestellung, ohne Rechtsschutz wird davon auszugehen sein, dass vermehrt auch diejenigen keinen Schutz mehr erhalten, denen er zusteht. Es wird schwieriger Fehlentscheidungen des BAMF zu korrigieren.
Vulnerable Gruppen brauchen besondere Unterstützung
In besonderer Weise inakzeptabel ist die Isolierung für die besonders Schutzbedürftigen. Offenbar sollen auch Minderjährige bzw. Familien mit Kindern nicht von der Dauerunterbringung in der Erstaufnahme ausgenommen werden. Für Kinder und Minderjährige ist das Wohnen in Landesaufnahmeeinrichtungen (EAEs und ZUEs) mit erheblichen Nachteilen für ihr psychisches und physisches Wohl verbunden. Dies widerspricht dem Recht junger Menschen „auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ (§ 1 Abs. 1 SGB VIII). Dies gilt umso mehr, als dass nach wie vor eine flächendeckende kindgerechte Unterbringung nicht gewährleistet ist. Dies ist mit der UN-Kinderrechtskonvention wohl kaum in Einklang zu bringen.
Minderjährige haben in Nordrhein-Westfalen keinen oder nur einen sehr reduzierten Zugang zu Bildung während der Unterbringung in den Landesaufnahmeeinrichtungen, da die Schulpflicht an eine kommunale Zuweisung geknüpft ist. Dies steht im Widerspruch zu Art. 14 der EU-Aufnahmerichtlinie (2013/33/EU). Hiernach müssen Kinder spätestens nach drei Monaten die Möglichkeit des Schulgangs haben: „Der Zugang zum Bildungssystem darf nicht um mehr als drei Monate, nachdem ein Antrag auf internationalen Schutz von einem Minderjährigen oder in seinem Namen gestellt wurde, verzögert werden.“ In Nordrhein-Westfalen gelingt in Ausnahmefällen die Regelbeschulung in einer Schule in der Kommune der Aufnahmeeinrichtung. Für die meisten Kinder fehlt es jedoch generell an Beschulung, manchmal werden stundenweise Freizeitaktivitäten oder erste Deutschkurse angeboten. Dies kann nicht als Erfüllung der oben genannten Vorgaben gesehen werden.
Zu den besonders von den negativen Folgen betroffenen Gruppen gehören auch traumatisierte Menschen. Sie werden im deutschen Asylsystem nach wie vor häufig nicht erkannt und sind damit Lebensbedingungen ausgesetzt, die für sie besonders unzuträglich sind. Die Isolierung hat enorme psychische Wirkung. Traumatische Erfahrungen durch Verfolgung und Flucht lassen sich isoliert in Großlagern kaum überwinden. Es besteht stattdessen die Gefahr, dass die Menschen depressiv, apathisch werden – und es nach einer positiven Entscheidung im Asylverfahren umso schwieriger ist, sie dabei zu unterstützen, auf eigenen Füßen zu stehen und neues Leben zu beginnen.
Wir verkennen nicht die Probleme, die in manchen Kommunen in Nordrhein-Westfalen durch die Aufnahmeverpflichtung für Asylsuchende bestehen. Sie sind aber nicht dadurch lösbar, dass man die Schutzsuchenden länger in einer unzuträglichen und humanitär nicht vertretbaren Aussonderung in der Erstaufnahme festhält. Kommunen müssen verstärkt dabei unterstützt werden, Schutzsuchende menschenwürdig unterzubringen und den Anschluss zu Ehrenamtlichen und den Kontakt zur Bevölkerung zu ermöglichen. Nur so können Berührungsängste abgebaut werden und nur so kann Integration gelingen.
Sehr geehrter Herr Integrationsminister Dr. Stamp, wir bitten Sie dringend, von allen Plänen zur langfristigen Zwangsunterbringung von Schutzsuchenden in der Landesaufnahmeeinrichtungen Abstand zu nehmen und stattdessen ein in die Zukunft weisendes, integratives Konzept zur Flüchtlingsaufnahme anzugehen, das Schutzsuchende angemessen behandelt und der Gesellschaft dienlich ist.
Erholung am Arbeitsmarkt verbessert soziale Gerechtigkeit
Mit dem Social Justice Index untersucht die Bertelsmann Stiftung seit 2008 jährlich die Teilhabechancen in der EU anhand von sechs Dimensionen: Armutsvermeidung, Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheit, Nicht-Diskriminierung und Generationengerechtigkeit. Am stärksten ausgeprägt sind sie laut Index in den skandinavischen Ländern Dänemark, Schweden und Finnland. Griechenland bleibt, trotz leichter Verbesserungen, das Schlusslicht. Der positive Trend der aktuellen Erhebung lässt sich insbesondere an wesentlichen Arbeitsmarktindikatoren ablesen: Zwei Drittel (66,6 Prozent) der erwerbsfähigen EU-Bürger haben mittlerweile einen Job (2013: 64,1 Prozent). Erfreulich ist zudem, dass sich der Aufwärtstrend auch auf die Krisenländer erstreckt. Jedoch sind die Zahlen insgesamt dort immer noch besorgniserregend: In Griechenland ist die Arbeitslosigkeit von 27,7 (2013) auf 23,7 Prozent (2016), in Spanien von 26,2 auf 19,7 Prozent gesunken. Auch die Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa ist leicht zurückgegangen. Dennoch ist in Griechenland, dem Schlusslicht in dieser Kategorie, noch fast die Hälfe der erwerbsfähigen Jugendlichen arbeitslos (2016: 47,3 Prozent, 2013: 58,3 Prozent). Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei 7,1 Prozent. „EU-weit ist nun politische Führung gefragt. Sie muss einen verlässlichen Rahmen schaffen, sodass alle vom Aufwärtstrend profitieren können. Vor allem die Jugendlichen dürfen nicht alleine gelassen werden“, so Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung.
Armutsrisiko sinkt, Nord-Süd-Gefälle bleibt
Infolge des positiven Beschäftigungstrends hat auch das Risiko leicht abgenommen, von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen zu sein: Waren zum Höhepunkt der Wirtschafts-krise in den Jahren 2012/2013 noch 24,7 Prozent der EU-Bevölkerung von Armut bedroht, sind es laut aktuellem Index noch 23,4 Prozent. Dies entspricht allerdings immer noch rund 117,5 Millionen Menschen. Zudem treten einige der südlichen Krisenstaaten weiterhin auf der Stelle: In Griechenland sind noch immer 35,6 Prozent der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, in Spanien 27,9 und in Italien 28,7 Prozent. Zum Vergleich: In Dänemark, Finnland und Tschechien – den drei bestplatzierten in Sachen Armutsvermeidung – beträgt der entsprechende Anteil lediglich zwischen 13,3 und 16,7 Prozent. Für bestimmte gesellschaftliche Gruppen wie Kinder und Jugendliche ist das Risiko nochmals deutlich höher: Rund 25 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (EU: 26,5 Prozent) sind in Europa von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. In Ländern wie Griechenland und Spanien, liegt dieser Anteil trotz eines leichten Rückgangs noch immer bei 37,5 bzw. 32,9 Prozent. Allerdings ist zu erwarten, dass sich die Kluft zwischen Nord- und Südeuropa, bei einer anhaltenden Erholung der Arbeitsmärkte, zukünftig verringern wird.
In der Mehrheit der Mitgliedstaaten zeigen sich im Vergleich zu den letzten Jahren auch Verbesserungen der Bildungschancen. So ist etwa der Anteil von Schülern, die vorzeitig die Schule verlassen haben, EU-weit gesunken: von 14,7 Prozent im Jahr 2008 auf 10,7 Prozent 2016.
Deutschland: starker Arbeitsmarkt, aber kaum Verbesserung der Teilhabechancen
Deutschland gehört, wie auch in den vergangenen Jahren zur erweiterten Spitzengruppe und kommt im Gerechtigkeitsindex auf Rang sieben. Zu Deutschlands Stärken zählt insbesondere der Arbeitsmarkt, doch zeigen sich weiterhin auch einige Schwächen in Bezug auf die Teilhabechancen der Menschen. Getragen von einer guten Konjunktur liegt Deutschland bei den meisten Arbeitsmarktindikatoren an vorderster Stelle: Deutschland hat EU-weit die geringste Jugendarbeitslosigkeit (7,1 Prozent) und kommt auch bei der Gesamtbeschäftigungsquote (74,7 Prozent), der allgemeinen Arbeitslosenquote (4,2 Prozent) oder der Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer (68,6 Prozent) immer unter die Top Vier in der EU. Negativ fällt hingegen ins Gewicht, dass es bislang nicht gelingt, den Sockel an Langzeitarbeitslosen zu verringern. Rund 41 Prozent aller Arbeitslosen in Deutschland sind langzeitarbeitslos. Auch haben Arbeitnehmer mit ausländischem Geburtsort deutlich schlechtere Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt als Menschen, die hierzulande geboren sind (Rang 23 im EU-Vergleich).
Ein gemischtes Bild zeigt sich im Bildungsbereich. Hier gab es in den letzten zehn Jahren durchaus Fortschritte in Sachen Chancengerechtigkeit. So hat sich etwa der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg verringert, ist aber im EU-Vergleich immer noch relativ stark (Rang 17 im Vergleich zu Rang 23 im Jahr 2006). Verbesserungspotential zeigt sich auch bei der Wohlstandsverteilung: „Obwohl Deutschlands Wirtschaft brummt und die Arbeitslosigkeit auf einem historischen Tiefststand ist, scheinen die Wohlstandsgewinne nicht bei allen Menschen anzukommen“, so Studienleiter Daniel Schraad-Tischler. Das Armutsrisiko hat sich in den letzten Jahren kaum verringert. Der Anteil der Menschen, die von Einkommensarmut bedroht sind, lag 2016 bei 16,5 Prozent (2015: 16,7; 2010: 15,6 Pro-zent). Für bestimmte Bevölkerungsgruppen sind außerdem wachsende Probleme absehbar: Der Anteil der von Einkommensarmut bedrohten Menschen über 65 Jahre ist von 14,1 Prozent im Jahr 2010 auf 17,6 Prozent gestiegen. Gerade für Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte sowie Menschen mit unterbrochenen Erwerbsbiographien werde das Armutsrisiko im Alter weiter steigen, so die Autoren. „Langfristig orientierte Politikansätze, die sowohl die sozialen Sicherungssysteme zukunftsfest machen als auch die Beschäftigungsfähigkeit der Risikogruppen verbessern, sind derzeit jedoch kaum in Sicht“, so Schraad-Tischler.
Zusatzinformationen
Mit dem EU-Gerechtigkeitsindex untersucht die Bertelsmann Stiftung jährlich anhand von 38 Kriterien die Teilhabechancen in den 28 EU-Mitgliedstaaten. Hierbei werden sechs verschiedene Dimensionen sozialer Gerechtigkeit betrachtet: Armut, Bildung, Arbeitsmarkt, Gesundheit, Generationengerechtigkeit sowie gesellschaftlicher Zusammenhalt und Nicht-Diskriminierung. Der Social Justice Index 2017 berücksichtigt international verfügbare Eurostat-Daten bis zum 17. Oktober 2017.
EX-OBAMA-BERATERIN RICHARD „Und da erkennt man, dass das Menschen sind…“
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